Geschichten vom nachhaltigen Wachstum – Rückblick #TEDxMS 2015

Routine ist eine feine Sache. Sie gibt uns Sicherheit und beschleunigt wiederkehrende Abläufe. Leider kann man sich zu sehr an sie gewöhnen. Leider deswegen, weil kreative Problemlösungen, die vom Alltäglichen abweichen, so schnell ins Hintertreffen geraten oder – noch schlimmer – gar nicht erst erdacht werden.

Dass Querdenken für Innovation unverzichtbar ist, da sind sich die meisten Menschen einig. Den Mut, gegen alle Zweifel und Widerstände neue Wege zu beschreiten, haben die wenigsten. Dabei muss es nicht immer die fette Vision vom digitalen Wandel und dem ultimativen Gadget, vom hundertprozentigen Weltbefriedungsprogramm oder der allumfassenden Anti-Hunger-Kampagne sein.

Dass auch kleine Impulse große Wirkung haben können, wenn man sie Schritt für Schritt verfolgt, davon berichteten auf der diesjährigen TEDxMünster 2015 unter dem Motto „The story of growth“ gleich 14 Speaker, die erstaunliche Ideen zur Umsetzung brachten oder in nächster Zeit noch umsetzen werden.

Ideen, die die Welt verändern

Sofort hat man sie vor Augen, die charismatischen Gesichter, die die Welt verändert haben: Steve Jobs zum Beispiel, ein genialer Pedant, dessen (cholerische) Durchsetzungsfähigkeit ihm nicht nur Freunde machte, der damit sein Team aber gleichzeitig zu Höchstleistungen anstachelte. Oder das Ausnahmetalent Bill Gates, der sich trotz (oder wegen?) seines Studienabbruchs innerhalb von zwei Jahrzehnten an die Spitze der reichsten Menschen der Welt katapultierte.

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Cornelia Mayer bringt mit ihrem Projekt „Topfreisen“ Menschen unterschiedlicher Kulturen zusammen. Foto: ek

Doch es müssen nicht immer die Extreme sein, an denen Ideen gemessen werden sollten. Cornelia Mayer aus Österreich hat sicher nicht an das große Geld oder Berühmtheit gedacht, als sie ihr Projekt „Topfreisen“ ersann. „Ich habe mich selbst nie als Draufgängerin gesehen und auch nicht als besonders mutig“, sagt sie. Aber sie hatte eine Idee und Freude daran, diese umzusetzen.

Sinnstiftende Beschäftigung

Um Flüchtlinge und Asylsuchende in ihrer neuen Heimat einen Hafen zu bauen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich aus der Abhängigkeit heraus zu bewegen und selber zu Machern zu werden, nutzte sie deren kulinarisches Knowhow.

Auf der eigenen Homepage wird das Projekt folgendermaßen beschrieben: „Unter dem Motto: Gutes Essen – Gutes Tun! bereiten bei diesem Projekt Asylwerbende aus St. Gabriel Speisen für Menschen aus der Umgebung zu. Die Asylwerbenden bekommen damit die Chance einer sinnstiftenden Beschäftigung nachzugehen und stolz einen Teil ihrer Herkunft zu präsentieren.“

Ohne zu wissen, wie sie es angehen sollte, machte sich Mayer ans Werk. Sie schaffte sich Wissen drauf, fand Mitstreiter und das Projekt wuchs. Da Asylbewerbende nicht für ihre Mitarbeit bezahlt werden dürfen, gründete die Initiatorin einen Verein. Über Spenden können nun Sachleistungen finanziert werden, die den Asylsuchenden wichtig sind. Und das Auftragsbuch ist voll. „Mittlerweile müssen wir sogar manchmal Aufträge ablehnen“, sagt Cornelia Mayer.

Vortrag über Teilhabegesetz

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„All inclusive or nothing“ übertitelte Raúl Krauthausen seinen Vortrag auf der TEDxMS. Foto: ek

Was die Umsetzung von gesellschaftsverändernden Ideen betrifft, so ist Raúl Krauthausen ohne Frage ein echter Vollprofi. Spätestens seit der Gründung seiner Initiative „Sozialhelden“ ist er vielen ein Begriff. Teil dessen ist beispielweise die Wheelmap.org, eine Karte, auf der rollstuhlgerechte Orte verzeichnet sind, von Nutzern selbst bewertet und markiert werden können.

Seinen angekündigten Beitrag über die großen Mythen zum Thema Inklusion bekam das Münstersche Publikum allerdings nicht zu hören. Stattdessen widmete Krauthausen seinen Vortrag einem aktuellen Thema: der Notwendigkeit eines guten Teilhabegesetzes für Menschen mit Behinderung. Warum er dies für wichtig hält, kann er am besten selbst erklären:

 

Es folgten Vorträge über nachhaltiges Städtewachstum, bei dem der Kopenhagener Stadtentwickler und Mobilitätsexperte Mikael Colville-Andersen vor allem auf eines setzt: Fahrradfreundlichkeit, über ein Projekt zum Thema „Digitale Bildung“, das die Münsteranerin Nasanin Bahmani vorstellte, über Umseltschutzprojekte, einen Fallschrimspringweltrekord in der Formation und über vieles mehr.

Wer gerne über die weiteren Speaker mehr erfahren möchte, dem empfehle ich einen Blick auf die TEDxMünster-Homepage.

Mit Monitoring Terrorismus bekämpfen

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Wassim Zoghlami engagiert sich sehr für die Bekämpfung des Terrorismus. Foto: ek

Besonders in Erinnerung wird mir persönlich der Beitrag des Tunesiers Wassim Zoghlamis bleiben, der darüber sprach, wie mit modernen Monitoring-Methoden die Aktivitäten von Terroristen in sozialen Netzwerken beobachtet werden können. Keine leichte Aufgabe für ihn an diesem Tag, denn gerade hatten wir erfahren, dass mehrere Touristen durch einen terroristischen Anschlag in Tunesien ums Leben gekommen waren.

Ich könnte noch mehr Beispiele nennen. Stattdessen aber möchte ich eine Empfehlung aussprechen: Sollte Ihnen das Format der TEDx bislang fremd sein, so sei Ihnen gesagt, es lohnt sich – vor allem für Menschen, die sich vielleicht nicht für besonders innovativ oder kreativ halten, dies aber gerne ändern möchten. Für mich sprechen gerade dann einige Gründe dafür, denn die TEDx:

1. …macht Mut!

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Martin Moder (Österreich) zeigt es: Häufig führen Umwege erst zum Ziel. Foto: ek

Wie ich bereits oben schrieb, geht es nicht immer nur um das große Ganze. Es geht um die vielen kleinen Schritte, die gemeinsam ein großes Ganzes ergeben können. Wer sich stets an Genies und Ausnahmetalenten misst, der steht sich oft selbst im Weg. Zu sehen, dass Menschen innovative und nachhaltige Projekte verwirklichen, die sich vielleicht nur in dem Punkt von mir unterscheiden, dass sie sich (bereits) trauen und ich (noch) nicht, das macht Mut.

2. …verändert die Perspektive!

Wer zu sehr in seinen Routinen und Glaubenssätzen feststeckt, der entwickelt sich nicht weiter. Mich erstaunt es immer wieder, wie unflexibel das Denken mancher Menschen ist, obwohl sie eigentlich eine Menge auf dem Kasten haben. Tatsächlich ist das menschlich: An was wir gewöhnt sind, das halten wir für normal. Wer hingegen das Abenteuer wagt, sich auch mal auf Neues einzulassen, zum Beispiel indem er den Erfolgs-Geschichten anderer lauscht und sich mit ihnen austauscht, der wird staunen, wie sich dadurch plötzlich die Perpektive auf Probleme ändern kann.

3. …schafft neue Impulse!

Und schwuppdiwupp entstehen plötzlich neue Ideen, auf die man allein in seinem stillen Kämmerlein erst gar nicht gekommen wäre. Ich selbst kehre häufig von Veranstaltungen dieser Art mit derart vielen Projektideen zurück, dass ich mich erstmal neu sortieren muss. Oft bekomme ich durch die Gespräche und das Netzwerken auch Anregungen für bereits laufende Projekte. Natürlich gilt es dann anschließend, die privaten und beruflichen Ressourcen zu checken und Prioritäten zu setzen. So oder so – ein Gewinn für mich ist es aber allemal.

4. …hilft, sich zu vernetzen!

Und zu guter Letzt ist auch die TEDx eine gute Möglichkeit, sich mit Menschen aus seiner Branche, aber auch aus anderen Branchen zu vernetzen. Hier treffen wirklich viele verschiedene Interessen und Fähigkeiten aufeinander. Das sorgt übrigens auch während der Pausengespräche für einen guten Themenmix. Wer also gern mal aus seinen Fachkreisen einen Blick nach draußen wagen möchte, der ist hier auf jeden Fall willkommen.

Ein kritischer Satz zum Schluss: Ich persönlich fand den Ort im Foyer der Fakultät für Design am Leonardocampus für die diesjährige TEDxMünster-Konferenz aufgrund der Durchgangssituation nicht ganz so geeignet. Ich habe mir aber sagen lassen, dass es im kommenden Jahr wohl einen neuen Ort geben wird.

Und nun für alle, die es interessiert, noch ein paar Bilder:

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Martin Mall über Vertrauen und Durchhaltevermögen bei der Projektplanung. Foto: ek

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Der Unternehmer Abbas Adel (Ägypten) ist Mitbegründer zahlreicher digitaler Initiativen. Foto: ek

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Wie wichtig positive Nachrichten für das Gehirn sind, wusste Maren Urner zu berichten. Foto: ek

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Martin Moder konnte mit seinem dynamischen Vortragsstil bereits den Europäischen Science-Slam-Wettbewerb für sich entscheiden. Foto: ek

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Mit ihren 17 Jahren ist Julia Schnakenberg bereits eine engagierte Umweltaktivistin. Foto: ek

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Bei seinem Vortrag über Fahrradfreundlichkeit flogen Mikael Colville-Andersen die Herzen der Münsteraner zu. Foto: ek

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Für Raúl Krauthausen bedeutet Inklusion eindeutig mehr als nur die Eingliederung der „Anderen“ in ein bestehendes System. Foto: ek

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