Was mir Mut macht #Mutmachparade

Manchmal fehlen einem die Worte. Manchmal ist jedes Wort zu viel. Manchmal aber können Worte auch Brücken bauen. Mir hat das Schreiben über schwere Zeiten hinweggeholfen, es hat mir neue Erfahrungshorizonte eröffnet und mich mit vielen einzigartigen Menschen zusammengebracht – im realen Leben und virtuell. Heute sind Texte mein Handwerkszeug und sie sichern mir meinen Lebensunterhalt. Angefangen hat meine professionelle Tätigkeit als Autorin vor fast zehn Jahren mit Bloggen. Eines meiner Blogs brachte mich auch mit Johannes Korten in Verbindung.

Das Netz ist ein guter Ort

Vergangene Woche ist Johannes gestorben. Zu früh. Viel ist in den vergangenen Tagen über ihn geschrieben worden. Ich möchte meine erste virtuelle Begegnung mit ihm zum Thema dieses Postings machen, weil auch mich sein Tod sehr berührt hat. Im Mai 2014 stieß ich – mehr durch Zufall – auf die #Mutmachparade auf seinem Jazzblog und nahm daran teil. Ich finde, heute ist ein passender Tag, diesen Hashtag wieder aufleben zu lassen. Es könnte ein kleiner Beitrag sein, das Netz zu einem guten Ort zu machen, wie Johannes es sich von uns allen gewünscht hat.

Es ist viel geschehen in den letzten Wochen und Tagen. Nachrichten, die einen sensiblen Menschen erschöpfen können. Es ist manchmal schwer auszuhalten, was Menschen anderen Menschen antun, und auch, wie wütend und wenig empathisch andere darauf reagieren. Schon als Jugendliche hat es mich bisweilen zur Verzweiflung gebracht, die Nachrichten zu sehen. Und man könnte meinen, es würde immer schlimmer – so jedenfalls oft die subjektive Wahrnehmung vieler Menschen, wenn sich Schreckensnachrichten häufen.

Hallo Realität – ist das dein Ernst?

Umso wichtiger ist es, dass wir ab und an einen Realitätscheck durchführen: Ist wirklich alles so schlimm oder ist es nur die Auswahl an Nachrichten und Berichten, die ich konsumiere? Welcher Art sind diese Berichte? Mit welchen Menschen umgebe ich mich, mit Zynikern und Zauderern oder mit konstruktiv Denkenden und Handelnden? Was habe ich Gutes erlebt? Warum wende ich so selten den Blick darauf?

Wir sollten in Krisensituationen füreinander da sein und uns gegenseitig Mut machen. Dass dies geschieht, scheint manchmal nicht selbstverständlich. Ich schreibe bewusst „scheint“, denn ich glaube, auch das hat viel mit subjektiver Wahrnehmung zu tun. Was sich nämlich in der Vergangenheit immer wieder beobachten ließ, war, dass Menschen in der Not zusammenstehen.

Offene Türen und halbvolle Gläser

Sie bieten Fremden wie selbstverständlich ihre #offenetuer an, so geschehen auf Twitter während des Polizeieinsatzes in München nach dem Amoklauf. Sie unterstützen ihre Community, indem sie mit #wirfuerHannes nicht nur ihre Sorgen teilen, sondern auch eine weitere Botschaft transportieren: „Das Netz ist ein guter Ort, wenn wir es gemeinsam dazu machen.“ (Ein Zitat von Johannes, in dem so viel Hoffnung steckt!)

Dass wir unsere Taten sprechen lassen, ist in diesem Zusammenhang essenziell. Auch Worte können eine große Wirkung entfalten, sie verhallen jedoch, wenn sie Worthülsen bleiben und als Lippenbekenntnisse in der Passivität verharren. Es spielt keine Rolle, ob wir das Glas als halb voll oder halb leer betrachten, solange wir in der Lage sind, es aktiv immer wieder aufzufüllen. Menschen in die Aktivität zu bringen, sollte eines unserer obersten Ziele sein. Den Diskurs fördern, Selbstbewusstsein schaffen. Verantwortung übernehmen, als Mensch, Medienproduzent und -konsument gleichermaßen.

Stellschrauben der Zuversicht

In meiner Community geschieht das, manchmal mehr, manchmal weniger sichtbar. Das ist bisweilen mühsam und kostet Kraft. Viel Kraft. Jeder Mensch bringt seine eigene Geschichte mit. Jeder tut, was er kann. Dass Johannes „Am Ende.“ war, wie er in seinem letzten Posting schreibt, stimmt nachdenklich. Viele Reaktionen der anderen auf seine letzten Worte hingegen vermitteln Zuversicht. Die Botschaften lauten: Lasst uns das Netz zu einem guten Ort machen. Lasst uns auch die positiven Geschichten erzählen. Positiv vor allem im Sinne von konstruktiv.

Es sind die kleinen Stellschrauben, die manchmal schon viel bewirken können. Und es ist am Ende die Summe all der kleinen Entscheidungen, die wir in den Medien tagtäglich treffen, die das Gesamte ausmacht. Die Auswahl eines Bildes, die Art, wie ich meinem Gesprächspartner Fragen stelle. Wer publiziert, tut dies ohnehin, wir treffen immer eine Wahl. Sich als Journalist nicht zu früh an Spekulationen zu beteiligen, sondern sachlich auf sogenannte „Lagen“ zu reagieren, ist eine Entscheidung. Gleiches gilt auf privaten Profilen in sozialen Netzwerken.

Mutmacher gibt es überall

Was mir bei all dem Mut macht, sind Menschen wie zum Beispiel Richard Gutjahr, um auf die jüngsten Geschehnisse in Frankreich und Deutschland Bezug zu nehmen. Er hat in meinen Augen in Nizza einen sehr professionellen Job gemacht hat, indem er sich rein auf das bezog, was er beobachtet hatte, hingegen keine unbewiesenen Theorien aufstellte. Marcus da Gloria Martins, Pressesprecher der Münchner Polizei, hat nicht von ungefähr so viele Herzen erobert, weil er eine ohnehin dramatische Situation nicht noch dramatischer erscheinen ließ, sondern Ruhe ausstrahlte.

Es sind Medienprojekte wie Kater Demos oder Perspective Daily, die einen anderen Weg gehen wollen und mir allein schon dadurch Mut machen, DASS sie ihn angehen. Gesellschaftliche Schwächen zu erkennen ist das eine. Eine alte Coaching-Weisheit besagt hingegen Folgendes: Konzentriere dich auf deine Stärken, sie bringen dich weiter. Wenn du mit gleichem Einsatz an deinen Schwächen arbeitest, kostet es viel mehr Energie bei weniger Ertrag. Du wirst mit ihnen nie dahin gelangen, wohin dich deine Stärken bei demselben Aufwand tragen.

Lasst uns Stärken stärken!

Lasst uns also auf unsere Stärken konzentrieren, auf das, was Menschsein eben auch ausmacht: Mitgefühl, Solidarität, Vielfalt, … Wir können mit unserem Finger auf andere zeigen, ihnen ihre Schwächen vor Augen führen, sie ausnutzen und uns in Selbstgefälligkeit zurücklehnen, weil wir ihre Schwachstellen erkannt haben. Wir können uns abmühen, unsere eigenen Schwächen in den Griff zu bekommen, was manchmal nur leidlich gelingt. Sinnvoller ist es, die eigenen Stärken zu stärken – und die der anderen. Wenn wir unsere Gesellschaft als Persönlichkeit begreifen, an der wir alle gemeinsam arbeiten, ist dies ein gangbarer Weg.

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Lieber Johannes, ich möchte dir an dieser Stelle für all die positiven Impulse danken, die du mir durch die Lektüre deines Blogs, deine Botschaften in den sozialen Netzwerken und einige Live-Begegnungen auf Veranstaltungen gegeben hast. Ich glaube, nein, ich bin sicher, damit hast du vielen Menschen Mut gemacht!

Die #Mutmachparade fand von Mai bis August 2014 auf dem Jazzblog von Johannes Korten statt.

 

 

 

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