[Rezension] „Der 2-Stunden-Chef“ von Insa Klasing

Manchmal zwingen unvorhergesehene Ereignisse zur Veränderung. Bei Insa Klasing führte ein Reitunfall dazu, ihr Führungsverhalten grundlegend in Frage zu stellen. Zur Untätigkeit gezwungen, erkannte sie, wie sich ihr Team „führungslos“ zum Positiven wandelte. Die neu gewonnene Autonomie sorgte für einen höheren Output, mehr Kreativität und die Übernahme von Verantwortung. Klasings Erkenntnis: Zwei Stunden Chefsein am Tag reichen, um ein Unternehmen zu führen und das Potenzial des Personals wie einen Schatz zu heben.

Neue Führungsrolle

Eines Tages stürzt Insa Klasing vom Pferd und bricht sich beide Arme. Hielt sie sich bis jetzt längst für eine moderne Führungskraft, die ihren Mitarbeitenden ausreichend Raum für Entfaltung gibt, so muss sie plötzlich erkennen, was noch möglich ist. Klasing wird schmerzlich vor Augen geführt, an welchen (überflüssigen) Kontrollmechanismen sie noch immer festhält, und schreibt selbstkritisch: „Weil wir uns für unentbehrlich halten, arbeiten wir so viel. Und dass wir so viel arbeiten, ist gleichzeitig der beste Beweis dafür, wie unentbehrlich wir sind.“

Doch nun, mit zwei gebrochenen Armen, kann sie nicht anders, als loszulassen und ihrem Team vertrauen. Und sie erfährt: „Je mehr Spielraum ich meinen Mitarbeitern gebe, desto härter arbeiten sie, desto mehr Verantwortung übernehmen sie, desto kreativer gehen sie vor. Je mehr ich kontrolliere, desto kleiner wird ihr Spielfeld, desto weniger werden sie geben.“ Doch bedeutet das nun, dass Führungskräfte ihre Teams am besten sich selbst überlassen? Nein. Das Gegenteil ist der Fall. Menschen wollen Führung. In ihrem Buch „Der 2-Stunden-Chef“ beschreibt Insa Klasing, wie diese neue Führung aussehen kann.

Das Kontroll-Dilemma

Kontrolle gibt Sicherheit. Aber zu viel Kontrolle erstickt die Autonomie. Um hier einen konstruktiven Weg zu finden, sollten sich Führungskräfte zunächst der Ursache ihres Kontrollstrebens bewusst werden, ist Klasing überzeugt. „Der Gewinn für den Chef beim Kontrollieren ist, dass er einen großen Einfluss auf das Ergebnis hat“, schreibt sie. „Machtmotivierte Chefs kontrollieren, weil sie sicherstellen wollen, dass die Dinge exakt so gemacht werden, wie sie es für richtig halten.“

Doch wer nicht genug vertraut, wird auch im Gegenzug weniger Vertrauen genießen. Was wieder das Bedürfnis nach mehr Kontrolle weckt. Ein Teufelskreis, den es zu durchbrechen gilt. „Wer kontrolliert, der begrenzt. Der schränkt seine Mitarbeiter ein, reduziert ihre Möglichkeiten und verhindert damit die Entfaltung ihres Potenzials“, bringt es die Autorin auf den Punkt. Die intrinsische Motivation der Angestellten gehe dabei verloren. Klasings Lösung: eine Führung, die nach dem Autonomieprinzip gestaltet ist.

Der 2-Stunden-Chef

Letztlich genügen zwei Stunden am Tag, um die wesentlichen Aufgaben dieser neuen Führung zu erfüllen, lautet Klasings These. Dabei sieht sie moderne Vorgesetzte vor allem in diesen vier Rollen:

1. Visionär*in

In dieser Rolle haben Führungskräfte die Aufgabe, den Sinn der Firma zu definieren, sodass letztlich alle das Warum des Unternehmens kennen. Im nächsten Schritt gilt es, eine Vision zu formulieren. Beides gibt die Richtung vor, in deren Sinne ab sofort Entscheidungen zu treffen sind. Auch die Bestimmung eines konkreten Ziels fällt als dritter Punkt in der Aufgabenbereich von Visionär*innen.

2. Ermutiger*in

Der oder die Ermutiger*in zu sein, ist die zweite wesentliche Rolle der neuen Führungskraft. Hierunter fällt, den Glauben an den gemeinsamen Erfolg zu leben, Fortschritte zu feiern und allen Mitarbeitenden mit Wertschätzung zu begegnen.

3. Coach

Die Tätigkeit von Coaches besteht darin, andere zu befähigen, ihr Potenzial zu erkennen, auszuschöpfen und Lösungen zu finden. In dieser Rolle sollten Chef*innen lernen, aktiv zuzuhören, die Stärken ihrer Mitarbeitenden zu stärken und eine konstruktive Feedbackkultur aufzubauen.

4. Letzte Instanz

In der vierten Rolle schließlich zählt es zu den Aufgaben, Eigenverantwortung einzufordern, Konflikte offenzulegen und Entscheidungen zu treffen. Wer vorher alles richtig macht, wird in dieser Rolle nur noch selten „ein Machtwort“ sprechen müssen.

Der Weg zum Wandel

In ihrem Buch „Der 2-Stunden-Chef“ beschreibt Insa Klasing pragmatisch und gut verständlich, was es mit dem neuen Führungsverständnis sowie den Rollen genau auf sich hat und warum das Autonomieprinzip den Schlüssel für den Unternehmenserfolg darstellt. Darüber hinaus führt sie aus, wie Führungskräfte ihr Kontrollbedürfnis erkennen und Schritt für Schritt wandeln können, sodass das Loslassen möglich wird. So führt es schließlich nicht zum Stillstand, sondern zu mehr Produktivität und Zufriedenheit. Eine unbedingte Leseempfehlung!

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