[Rezension] „Ich bin dann mal weg: Meine Reise auf dem Jakobsweg“ – Hape Kerkeling

(Gastrezension von Niome) Bereits der Titel sprach mir aus der Seele – denn mir ging es zum Zeitpunkt des Lesens ebenso wie Hape Kerkeling: Ich musste dringend weg aus meinem bisherigen Leben! Wie aber bei den meisten Menschen ging das auch für mich zum aktuellen Zeitpunkt so gar nicht, ergo: Ab auf die mentale Reise und Gott sei Dank den Hape statt meiner durch Berg & Tal schwitzen lassen. Wozu gibt’s denn Promis? Da kann sich ruhig mal einer als Vorbild betätigen, bitteschön …

Mit viel Wortwitz und beinahe so, als würde er mehr oder weniger die ganze Zeit einfach vor sich hin plaudern, schildert Kerkeling seine Reise von Saint-Pied-de-Port in Frankreich nach Santiago di Compostela in Spanien, dem berühmten Jakobsweg. 600km lang leidet, flucht, lacht und schüttelt man den Kopf mit ihm – immer mehr oder wenig offensichtlich auf der Suche nach Erleuchtung oder nur einem außergewöhnlichen spirituellen Erlebnis.

Täglich neue Erkenntnisse

Im Tagebuchstil lässt er den Leser an den Geschehnissen teilhaben und schließt seine Kapitel stets mit einem knappen, aber erkenntnisreichen Satz über den erlebten Tag. Bereits früh lässt sich erkennen: Hier schreibt kein selbstverherrlichender, selbsternannter Neuzeitpilger auf sonderlichen Wegen eine Ode fürs Selbstmarketing – nein! Hier wendet sich jemand bewusst vom schnellen Pfad unserer Zeit ab, um zu sich selbst (wieder) zu finden – mit Körper und Geist (oder Seele – wem dieses Wort besser behagt). Und das Wunderbare daran ist: Er nimmt seinen Leser mit!

Mir persönlich hat dieses Buch nicht nur durch seinen Sprachstil und die zum Teil sonderbaren Erlebnisse des Erzählers gefallen – vielmehr hat mir dieses Buch gut getan, weil ich die Reise mitgehen durfte. Für jeweils ein paar Stunden am Tag habe ich es geschafft, mich aus dem stressigen Alltag lösen zu können und über meine eigene Spießigkeit, Sturheit, Lebensfreude, meine Beziehung zum Transzendenten und vor allem auch über die Menschen um mich herum nachzudenken.

Zufallsbekanntschaften

„Der Jakobsweg ist der Weg der einfachen Menschen.“ (Paulo Coelho, Auf dem Jakobsweg: Tagebuch einer Pilgerreise nach Santiago de Compostela, Diogenes Verlag) – Wie wahr dieser Satz ist, durfte Hape Kerkeling durch seine vielen „Weg“-Bekanntschaften erfahren haben, aber eben auch wie besonders jeder einzelne dieser Menschen ist.

Noch bevor ich das Buch vollständig beendet hatte, traf ich auf Menschen, die, inspiriert durch Kerkelings Buch, dabei waren, ihren eigenen Weg nach Santiago di Compostela zu planen. Am faszinierendsten dabei fand ich aber, wie jeder Einzelne von ihnen bereits anfing von Innen heraus zu strahlen, wenn er / sie vom „Weg“ berichtete. Diese Menschen sind bereits mitten auf dem Weg, ohne es selbst zu wissen …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert