In der Abgeschiedenheit einer kleinen, kroatischen Insel wollen sechs junge Leute ein Theaterstück proben, doch ihr alltägliches Drama holt sie immer wieder ein. Wie zu erwarten war, endet der Ausflug mit einer wirklichen Tragödie. Dies ist zusammengefasst eigentlich schon die Geschichte des Romans „Der Wind war es“ von Nataša Dragni?.
Mit ihrem Debüt „Jeden Tag, jede Stunde“ wurde sie gefeiert. Mit „Der Wind war es“ hat sie nun ihren dritten Roman vorgelegt. Von Anfang an verwendet Dragni? darin eine Sprache, die nichts Gutes ahnen lässt. Wie im Film, in dem über wunderschöne Landschaftsbilder eine melancholische Musik gelegt wird. Warum, weiß man nicht.
Lakonie und Theatralik
Lakonisch schildert sie die beiden Gastgeber, Julia und Toma, die im Laufe der Geschichte zum Liebespaar werden, obschon sie es eigentlich längst sind. Unter den schauspielernden Protagonisten gibt es allerlei Verstrickungen à la „zwei Frauen, ein Mann“: Sowohl Lisa als auch Katrin sind an Michael interessiert. Der interessiert sich, so scheint es, für nichts so wirklich, nicht mal für sich selbst. Welch Unglück – Achtung, Spoiler! – dass im letzten Drittel plötzlich Nr.3 noch auf den Plan tritt: Simon.
Was folgt, sind Tränen, ein theatralischer Zusammenbruch und kein klares Bekenntnis. Michael wählt lieber die Flucht. Regisseur Anton leidet unterdessen an seinem Talent, das in der Fachwelt nicht erkannt werden und sich auf der Insel auch nicht so richtig entfalten will. Autor Stefan pflegt seine freizügige Beziehung zu Barbara, bis ein Sturm seine Lebensgeister lahmlegt.
Metaebene trägt nicht
Kaum klärt sich die Luft wieder, ist er der Alte. Achja, und dann wäre da auch noch Nikola, der Barbara bei einem Schwimmausflug aus dem Wasser auf sein Boot zieht und irgendwie an der zusammengewürfelten Truppe hängen bleibt. Und Jens, Lisas Vater. Niemand hat ihn hergebeten. Gekommen ist er trotzdem.
Immer wieder streut Dragni? in ihre Erzählung bedeutungsschwangere Sätze ein. „Man konnte Sachen, Menschen lieben, sich danach sehnen – und doch deren Anblick nicht ertragen, wenn der Schmerz zu groß wurde, das Loch des Nicht-Habens“, steht da. Zu den kurzen, meist wenig ambitionierten Gesprächen mag dies nicht passen. Vielmehr drückt sie den Figuren damit eine Metaebene auf, die deren Geschichte allein nicht trägt.
Mein Fazit
Dass am Ende zumindest einer der Beteiligten den Trip in die Einsamkeit nicht überlebt, ist folgerichtig – und auch wieder nicht. Ein wenig wird geweint darüber, so gut wie gar nicht geredet. Vielleicht ist es diese Beziehungslosigkeit, die die Autorin zeigen wollte. Die Unfähigkeit, die eigenen Empfindungen zu spüren und in Worte zu fassen. Das sprachliche Pathos, die Patina aus Lakonie hätte es dafür aber nicht gebraucht.