Für zwei Wochen lag mein Blog brach. Dafür gibt es eine einfache Erklärung. Da ich „nebenher“ gerade ein weiteres Studium absolviere und vor ein paar Tagen meine Diplomarbeit abgeben musste, hatte ich gut mit anderen Büchern und Texten zu tun. Meist lese ich mehrere Bücher nebeneinander, fachliche und auch private, aber fürs Rezensieren hat es zeitlich einfach nicht gereicht. Nunja, in der Zwischenzeit hat sich in meinem Gelesen-Regal einiges angesammelt. Diese beiden hier zum Beispiel habe ich mit großem Interesse verschlungen.
2004 erschien der Band „Die vergessene Generation“ von Sabine Bode, in dem sie sich mit dem Schicksal der sogenannten Kriegskinder auseinandersetzt. Damit sind diejenigen gemeint, die zwischen 1933 und 1945 geboren wurden, den Zweiten Weltkrieg also als Kinder miterleben mussten und häufig schwere Traumata davontrugen.
Spuren im Beziehungsleben
Oft sind sich die Menschen dieser Traumata nicht bewusst. Und so kam es, dass Sabine Bode auf zweierlei Reaktionen stieß, als sie mit der Recherche begann: Die einen vergruben die Erinnerungen auch weiterhin, andere aber spürten mit zunehmendem Alter immer stärker, wie das Unbewusste an die Oberfläche drängte und welche Spuren es in ihrem (Beziehungs-) Leben hinterlassen hatte. Entsprechend groß war auch ihr Redebedarf. In den Geschichten, die die Autorin aufgespürt hat, lässt sie die Leser an diesem bisher noch zu wenig beleuchteten Kapitel deutscher Geschichte teilhaben.
Mehrere Erzählungen hat Sabine Bode gesammelt und in dem Buch zusammengefasst. Sensibel liest sie zwischen den Zeilen, wie sich das Schweigen über Erlebtes, Gefühle von Schuld und Scham, Folgen von Missbrauch und Hunger auf die Psyche auswirken können. Auch Fachliteratur zieht sie hinzu und gibt an mehreren Stellen Hinweise auf den aktuellen Forschungsstand. Gerade für meine Generation ist diese Lektüre sehr erhellend, denn sie hilft zu verstehen, warum unsere Eltern vielleicht in manchem so geworden sind wie sie sind.
Traumatische Erfahrungen
In einem weiteren Buch widmete sich Sabine Bode dann uns, den Kriegsenkeln, also etwa den Jahrgängen 1965 bis 1975. Denn auch bei ihnen hat das Unverarbeitete vorheriger Generationen Spuren hinterlassen. Traumatische Erfahrungen, so die These der Traumaforschung, vererben sich fort. Wieder hat die Autorin viele Geschichten gesammelt, die dies eindrucksvoll belegen.
Vor allem ein Gefühl begegnete mir bei der Lektüre immer wieder: Die Kinder spürten, dass etwas in der eigenen Familie nicht stimmte, konnten es aber nur schwer in Worte fassen. Seitens der Eltern wurde ihre Wahrnehmung nicht ernst genommen. Die psychischen Probleme der Kriegsenkelgeneration aber sprechen ihre eigene Sprache.
Wichtiger Beitrag
Ich halte diese Bücher für einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der deutschen Geschichte auf einer sehr persönlichen, familiären Ebene. Wo Erfahrenes verdrängt und nicht verarbeitet wird, ist es oft schwer, damit seinen Frieden zu finden. Verständnis und Offenheit ist der Schlüssel zur Verständigung. Das zumindest ist meine Ansicht. Daher empfehle ich dringend diese beiden Bücher. Gut und flüssig geschrieben sind sie, nebenbei bemerkt, übrigens auch.