Heute möchte ich euch eines der Bücher vorstellen, die mich im Jahr 2014 am stärksten bewegt haben. Es ist der Debütroman „Kinder des Jacarandabaums“ von Sahar Delíjaní. Dieses Buch geht unter die Haut. In einer bilderreichen und manchmal poetischen Sprache verknüpft die Autorin darin gleich mehrere Schicksale dreier Generationen einer Familie im Iran der 80er-Jahre.
Im Zentrum der Handlung steht die brutale Unterdrückung der Regimegegner unter Ayatollah Chomeini. Einen Rahmen bildet dabei die Erzählung um Neda, die – wie übrigens auch die Autorin selbst es erlebte – im Evin-Gefängnis in Teheran zur Welt kommt. Gleich zu Beginn steigt Delíjaní mit großer Dramatik in ihre Erzählung ein, als sie die hochschwangere Azar unter unmenschlichen Bedingungen gebären lässt.
Familiengeheimnisse
Die körperliche Qual gepaart mit der Angst der Mutter um ihr Kind sind über weite Strecken plastisch spürbar und ziehen den Leser unvermittelt in die Welt eines menschenverachtenden Systems. Der Enge und Düsternis des Gefängnisortes stellt Delíjaní ein weiteres Symbol gegenüber: den Jacarandabaum, der im Hof des großelterlichen Zufluchtsortes steht.
Dort lebt Neda elternlos mit ihren Cousins und Cousinen, deren Mütter und Väter ebenfalls unter den Protestlern waren und inhaftiert sind. Als die Großmutter Jahrzehnte später als letzte Vertreterin ihrer Generation stirbt, kehren die Kinder zu diesem Ort zurück und auch die verbliebenen Familiengeheimnisse werden gelüftet.
Positiver Gegenentwurf kaum spürbar
Die tragischen Erlebnisse der Protagonisten dominieren die jeweiligen Kapitel. Ein positives Gegengewicht wird über weite Strecken ausgeblendet, auch wenn es in der revolutionären Haltung der Elterngeneration und des Zusammenhaltes untereinander stets präsent ist. Hier hätte sich die Schilderung schöner gemeinsamer Erlebnisse der Kinder angeboten. Doch die bleibt aus.
Immerhin im letzten Kapitel gibt es einen Lichtblick, als Neda auf einen jungen Mann trifft, dessen Vater unter den Unterdrückern war. Eine Aufarbeitung des traumatischen Kriegserlebens der Kindergeneration rückt auf diese Weise zumindest in den Bereich des Möglichen.
Mein Urteil: Absolut lesenswert!