„Frauen auf der Kabarettbühne? Da gibt es doch nicht viele, oder?“ – Nicht selten begegne sie solchen Ansichten, so berichtete die Kölnerin Anny Hartmann am Samstag im Kreativhaus. Auf ihrer Homepage hat sie deshalb auch eine Link-Liste mit vielen, vielen Kolleginnen angelegt. In ihrem zweistündigen Kabarettprogramm „Ist das Politik, oder kann das weg?“ räumte sie nicht nur mit diesem Vorurteil auf. Vor allem ging es der Politik an den Kragen. Blitzgescheit und urkomisch brillierte sie vor ausverkauftem Haus.
Auch mit Fußball kennt sich Anny Hartmann aus, zumindest was das Strafregister der Spieler angeht. Erst vor Kurzem ist schließlich Marco Reus zu einer Geldbuße fürs Rasen ohne Führerschein verdonnert worden. Moment mal, der hat keinen Führerschein? Hartmann zeigt sich verständnisvoll: „Woher hätte er dann wissen sollen, dass er zu schnell war?“, fragt sie mit unschuldigem Blick. Nunja, aufgrund der Maßnahme gelte er immerhin nicht als vorbestraft. Aber: „Das reicht nicht zum Wechsel zu den Bayern.“
Von der Fifa zur Genfer Konvention
Über Stadiongespräche und Public Viewing geht es auch schon mitten hinein in die Politik. Ob die mafiösen Strukturen der Fifa oder die reichenfreundliche Beitragsbemessungsgrenze, kein Thema ist vor der spitzen Zunge der Kabarettistin sicher. „In Deutschland sterben pro Jahr drei Menschen durch Tränengaseinsätze“, klärt sie zudem ihr Publikum auf. „Auf den Flaschen steht: Tierabwehrspray.“ Eine Ausnahmeregelung des Innenministeriums mache jedoch den Einsatz gegen Menschen möglich. Wer dem Tränengas entgehen wolle, dem rät Anny Hartmann dies: „Soldat werden. Im Krieg darf Tränengas nicht eingesetzt werden.“ Das stünde schließlich in der Genfer Konvention.
„Ist einer von Ihnen noch Charlie?“, fragt sie plötzlich in die Runde. Und zack – stehen die Themen Religion und Islamismus auf dem Plan. „Haben Sie gesehen, wer in Paris im Januar alles mitgelaufen ist?“ Auch Erdo?an habe für die Meinungsfreiheit demonstriert. Dabei hatte der erst kurz zuvor mehrere soziale Netzwerke und Internetseiten zensiert. „Hätte er Youporn verboten, hätte er seine Wahl nicht gewonnen“, schlussfolgert Hartmann und leitet über zu diversen Waffenlieferungen in den nahen Osten. „Sie müssen nur zur rechten Zeit am rechten Ort Terrorist sein, dann bekommen Sie Ihre Waffen geschenk“, zieht sie Bilanz. „Es geht immer um den Umsatz. Die Wirtschaft dominiert das Recht.“
Anspruchsvolle Unterhaltung
Es ist ein Abend der anspruchsvollen Unterhaltung. Anny Hartmann versteht es, nicht nur mit treffsicheren Pointen, sondern auch mit bissigen Argumentationen zu überzeugen. Ihr Studium der Volkswirtschaftslehre gibt ihr das passende Handwerkszeug dazu. Warum sie trotz eines sicheren Gehaltes einst ihren Job bei der Sparkasse aufgab und sich für die Bühne entschied? “Ich kam mir vor wie dieser Junge in ‘The sixth sense”, begründet sie dies. Ein Blick damals ins Kollegium und der Gedanke: “Ich sehe tote Menschen.” Dass sie in den Augen des Münsterschen Publikums die richtige Entscheidung getroffen hat, beweisen minutenlange Ovationen.