Mit seiner Rad-Reise-Doku „Pedal the world“ lockte Felix Starck 2015 weit über 100.000 Zuschauer in die Kinos. In der vergangenen Woche nun hatte sein neues Machwerk Premiere, das er im Team mit seiner Freundin Selima Taibi realisierte: „Expedition Happiness“. Im 13 Meter langen umgebauten Schulbus und mit Berner Sennehund Rudi reisten sie quer über den amerikanischen Kontinent von Alaska bis Mexiko. Bei ihrem Besuch im Cineplex Münster am vergangenen Sonntag mussten sie sich auch kritische Stimmen gefallen lassen.
„Ihr regt euch über die Haltung der Tiere in Mexiko auf, aber eurem eigenen Hund ging es auf der Reise überhaupt nicht gut“, lautete die erste Wortmeldung im Publikumsgespräch. Tatsächlich fällt Rudis Bilanz nach elf Monaten Road-Trip traurig aus: Operation an Vorderbeinen im kanadischen Vancouver, zwei Hitzschläge in Amerika und eine schwere Infektion mit 40 Grad Fieber, die ihn beinahe das Leben kostete und letztlich zum Abbruch der Reise führte.
Dramatische Momente
Taibi und Starck reagierten verständnislos auf den Angriff aus den Zuschauerreihen: „Im Film seht ihr nur Ausschnitte, da haben wir natürlich die dramatischsten Momente der Reise ausgewählt. In der restlichen Zeit ging es ihm ja gut“, erklärte Taibi die Situation aus ihrer Sicht. Auch habe man die Reise nicht abgebrochen, sondern entschieden, dass sie – zum Wohle des Tieres – an dieser Stelle zu Ende sei.
Nun kann man natürlich darüber diskutieren, ob eine Gelenk-OP für den Hund nicht auch unter normalen Umständen unumgänglich gewesen wäre. In der sengenden Hitze herumzutollen und pausenlos mit neuen Reizen und ungewohntem Klima konfrontiert zu sein, das stresst ein Tier, erst recht einen Berner Sennenhund. Da hilft auch alle Schönfärberei nichts. Allerdings sollten auch die anderen Aspekte des Films Beachtung finden.
Unberührte Natur
Die unglaublich faszinierenden Landschafts- und Tieraufnahmen von Bären und Elchen zum Beispiel. Allein der Abschnitt im kanadischen Banff-Nationalpark ist eine Wucht. Umgeben von Bergen und unberührter Natur, weit entfernt von der Zivilisation lassen es sich die Reisenden und Rudi richtig gut gehen. Ohne Termindruck und Verpflichtungen einfach nur bei sich zu sein, das ist ein Traum. Für viele der Inbegriff von Zufriedenheit und Glück.
Apropos Glück, da war ja noch was. Eigentlich sind die beiden nämlich mit dem Wunsch gestartet, dem ganz persönlichen und auch dem „Glück an sich“ auf den Zahn zu fühlen. Im Laufe der Doku aber gerät dieses Vorhaben beinahe in Vergessenheit. In einem Videotagebuch erzählen sie abwechselnd von ihren Erlebnissen, die Reflexion über die Ausgangsfrage findet dabei eher selten statt.
Fernweh garantiert
Stattdessen berichten sie davon, mit welchen Mitteln sie den Bus umbauten und wie der Alltag in dem selbst gestalteten Wohnmobil ablief. Oder wie sie an der amerikanischen Grenze länger ausharren mussten als erwartet – im ersten Anlauf wurde das Visum abgelehnt. Auch an vielen Begegnungen, die Taibi und Starck im Laufe ihrer Reise erleben, nimmt der Zuschauer teil. Da kommt schnell Fernweh auf und Lust, sich selber bald ins nächste große Reise-Abenteuer zu stürzen.
Dem menschenleeren Alaska vom Beginn des Films steht am Ende das pulsierende Leben Mexikos gegenüber. Und ein paar recht skurrile Erlebnisse kommen noch dazu. Die Tatsache zum Beispiel, dass Starck und Taibi ausgerechnet auf der Chilifarm eines landesweit bekannten Drogenbosses landen. Auch mit der weniger wohlhabenden, aber gut aufgelegten Dorf- und Stadtbevölkerung kommen sie schnell in Kontakt. Die Würze des Ganzen sind wie so oft die Menschen, die zeigen, wie in dem fremden Land der Alltag funktioniert – fernab aller Touristenpfade.
Happyend für Rudi
Rudis Zustand bereitet auf Anraten der Tierärztin dem Trip ein jähes Ende. Taibi und Starck kehren nach seiner Genesung nach Deutschland zurück und überraschen ihre Lieben pünktlich zu Weihnachten. Glück sei, so resümieren sie, nach Hause zu kommen. Das ständige Unterwegssein hat letztlich auch an ihren Kräften gezehrt. Ständige Abwechslung, das große Abenteuer, beides macht eben nicht automatisch glücklich.
Und Rudi? Der sei längst wieder wohlauf und fühle sich pudelwohl, versichern die beiden. Solange er lebe, werde er nie wieder ein Flugzeug besteigen oder eine solche Reise antreten müssen, sagt Starck. Besser ist das.
Hallo Edda,
Ich war hier auch dabei ?
Jetzt muss ich auch sagen, dass ich das Projekt Expedition Happiness schon von Anfang an verfolgt habe. Ich bin eingestiegen, als die Beiden angefangen hatten den Schulbus auszubauen. In ihrem YouTube Kanal war das Videolog Nr 5, damals noch alles auf Deutsch.
Der Film war super und die Beiden sind total sympathisch. Deshalb habe ich mir auch einen USSchilbus gekauft und baue den zu einem Wohnmobil aus, wahrscheinlich als einer der ersten in Deutschland, bestimmt der erste in Münster ?
Viele Grüße
Wolfgang
Hi Wolfgang,
ob du dabei warst, kannst du dir sicher selbst am besten beantworten. 😉
Ja, der Film polarisiert sehr, das habe ich auch festgestellt. Die einen sind begeistert, die anderen sehen ihn eher kritisch.
Das zeigen beispielsweise auch die User-Kritiken auf dieser Filmseite: http://www.filmstarts.de/kritiken/254320/userkritiken/ Da gehen die Meinungen ziemlich auseinander. Insofern stehen wir beide nicht allein. 🙂
Ich habe nicht geschrieben, dass ich die beiden unsympathisch fand. Ihren Umgang mit dem Hund fand ich allerdings sehr kritikwürdig und die „Botschaft“ des Films kam mir in den Statements auch nicht wirklich rüber. Darauf bin ich im Text ja eingegangen. Ich finde, das muss man schon auch betrachten – und auch benennen dürfen. Das anders zu gewichten, steht dir natürlich frei. 🙂
Da ich selber ein großer Reisefan bin, fand ich die Landschaftsaufnahmen großartig. Und die Geschichte weckt selbstverständlich Fernweh, auch bei mir. Aber phasenweise habe ich mich beim Zuschauen schon sehr unwohl gefühlt und das wollte ich auch zum Ausdruck bringen.
Du hast dir wirklich einen solchen Bus gekauft? Das find ich klasse! Wo soll es damit hingehen? Hast du schon Pläne?
Hallo Edda,
das sollte kein Fragezeichen sein, vielleicht sollte ich mehr auf dem Desktoprechner schreiben, anstatt auf dem Handy :-).
Der Film ist ja auch nur eine Zusammenfassung auf 90 Minuten im kinotauglichen Format. Da ich die Geschichte bei Facebook und YouTube detailliert verfolgt habe, gibt es noch viele andere Momente, auch mit Rudi, dem es zwischenzeitlich auch gut ging, oder aber, wo man sieht wie Felix und Mogli sich um Rudi kümmern. Ich würde jedoch auch keinen Berner Sennenhund in die Wüste mitnehmen.
Wenn man aus 8 Monaten Reise über 80 Stunden Filmmaterial hat und daraus 90 Minuten als Film zusammen schneidet, dann bekommt man als Kinogänger halt nur einen kleinen Teil zu sehen und bestimmt nicht die komplette Wahrheit.
Aber wie Du auch schon sagst, der Film polarisiert, ob Flop oder Top muss jeder selbst wissen; das war bei Felix’s Film „Pedal the World“ ebenso.
Und ja, der Schulbus ist gekauft und ich fange gerade an, diesen zum Wohnmobil umzubauen. Nicht ganz so einfach in Deutschland (bei uns gibt es einen TÜV) :-).
Aber wenn es einfach wäre, würde es ja jeder machen :-). Infos dazu gibt es in meinem Blog.
Viele Grüße
Wolfgang
Hi Wolfgang!
Das werde ich auf jeden Fall in Ruhe auf deinem Blog nachlesen. Klingt wirklich nach einem spannenden Projekt! Dann wünsche ich dir erstmal viel Freude bei der Vorbereitung – auf dass du gut durch den TÜV kommst. 🙂
Viele Grüße und auf bald
Edda